Das Auge und die Megapixel

Artikel aus AV-viwes 4+5-2022

Immer wieder wird die Frage gestellt, wie viele Megapixel ein Projektor oder ein Display für ein gutes und detailreiches Bild darstellen muss. Da sagen die einen, es können nie genug sein und bei 4K ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht, andere sehen schon Full-HD als vollkommen ausreichend an. Wer hat denn nun Recht? Wir wollen hier einmal die Hintergründe darstellen und damit eine Basis für individuelle und einer realen Situation angepasste Entscheidungen liefern.

Als Grundlage für unsere Überlegungen wollen wir und mit dem menschlichen Sehapparat befassen, der aus den beiden (oder nur einem) Auge sowie der dahinter liegenden „Bildverarbeitung“ besteht. Hier wir schon gleich am Anfang des Seh- und Erkennungsvorgangs festgelegt, wie groß Details mindestens sein müssen, dass wir sie erkennen können. Um es noch komplizierter zu machen, spielen beim Erkennen zudem noch (Farb-) Kontraste eine nicht unwesentliche Rolle. Viele Sterne können wir durchaus mit bloßem Auge am dunklen Nachthimmel erkennen, am hellen Tag hingegen fällt es schwer, einen sehr hoch fliegenden Vogel wahrzunehmen. Weiße Details (Sterne) sind vor dunklem Grund besser zu erkennen, als schwarze Details (Vogel) vor hellem Grund. Folgerichtig gibt es schon Bücher in Negativdarstellung, die es insbesondere älteren Menschen erlaubt auch bei wenig Licht lesen zu können.

Übrigens wird diesem Unterschied auch bei Displays und Projektoren Rechnung getragen: Fehlpixel, also Bildpunkte, die immer leuchten sind deutlich auffallender, als Fehlpixel, die nie leuchten. So werden erstere in nur geringerer Zahl toleriert, bevor ein Display als Ausschuss abgelehnt wird. Ausfallende Pixel sind tolerabler.

Das menschliche Auge

Eine Digitalkamera basiert zwar auf denselben optischen Gesetzen, wie das menschliche Auge, aber es gibt entscheidende Unterschiede, die es bei der Beurteilung der Auflösung zu berücksichtigen gilt. Während man bei der Kamera genau weiß, wie viele Bildpunkte sie erfassen kann, bringt es nichts, wenn man beim Auge nur die Zapfen und Stäbchen zählt, also die Sensoren für Farben (etwa 7 Millionen) und die Helligkeitssensoren (etwa 125 Millionen). Während nämlich bei der Kamera alle Pixel in einem gleichmäßigen Raster angeordnet sind, variiert die Anordnung der Sensoren im Auge erheblich. Sie sind konzentriert in der Fovea Centralis, die Sehgrube. Zu den Randbereichen der Netzhaut hin nimmt die Zahl der Sehnerven immer mehr ab, so dass dort auch kein Farbsehen mehr möglich ist. Der Bereich, in dem wir scharf sehen können, wird mit einem Winkel von nur 2° definiert. Experimentell festgestellt wurde eine Winkelauflösung von 0,6 Bogenminuten (0,1°) als der Bereich, in dem wir optimalerweise in Linienpaar voneinander unterscheiden können. Damit ist das kleinste Detail festgelegt, das wir – optimale Sehschärfe vorausgesetzt – erkennen können. Im Unterschied zur Kamera bewegen wir unsere Augen beständig und können so, ohne den Kopf zu bewegen, einen Bereich von ca. 120° horizontal scharf erfassen. Zum scharfen erfassen gehört natürlich auch das fokussieren der Linse und das optimieren der Lichtmenge durch die Iris. Beim „Abscannen“ des Sehbereichs funktioniert das üblicherweise automatisch, man kann aber auch den Fokus der Linse bewusst steuern, wenn man an einer bestimmten Stelle den Vordergrund oder den Hintergrund scharf sehen will. Noch gar nicht erwähnt habe ich, dass die meisten Menschen zwei funktionierende Augen haben, die es dem Gehirn ermöglichen, Objekte dreidimensional zu erfassen. Aber auch beim Erkennen von Details können sich die Augen gegenseitig ergänzen – es erhöht sich die Anzahl der Sensoren für den scharf zu sehenden Bereich.

Innerhalb des Winkels von 0,6 Bogenminuten (hier deutlich größer gezeichnet) kann das Auge gerade noch zwei Linien (Pixel) voneinander unterscheiden. Bei weiteren Betrachtungsentfernungen verschwinden Details.

Optimale Pixelzahl?

Kann man mit den oben beschriebenen Informationen bereits die benötigte Auflösung eines Displays berechnen? Wir haben ja eben festgestellt, dass wir Details, die enger als 0,6 Bogenminuten (= 0,01 Grad) zusammen liegen, nicht mehr voneinander unterscheiden können. Höhere Auflösungen sind also nutzlos, oder? Wir haben noch nicht den Betrachtungsabstand berücksichtigt. Aus einer Entfernung von 1 Meter sind zwei Pixel, die um 0,3 mm auseinander liegen, gerade noch als getrennte Punkte erkennbar.

Der Abstand zweier Pixel voneinander ist einerseits von der Auflösung des Displays und andererseits von dessen Größe abhängig.

Bei Displays werden die Größen üblicherweise so angegeben, dass man deren Diagonale in Zoll nennt. Hier ist nun etwas Rechenarbeit nötig, denn wir wollen z.B. die Breite in Zentimetern wissen, um daraus für die angegebene Auflösung den Pixelabstand berechnen zu können.

Im nächsten Schritt ist noch etwas Geometrie nötig. Gefragt ist ein Kreissegment mit einem Winkel von 0,6 Bogenminuten. In die dazu gehörige Kreissehne muss der Pixelabstand passen. Der minimale Betrachtungsabstand entspricht dann dem Radius. Wir haben im Internet einen Kreissegment-Rechner aufgerufen und hier in der Tabelle vier Beispiele durchgerechnet.

Diagonale (Zoll)AuflösungBreite x Höhe
(cm)
Pixelabstand
(mm)
Minimaler Abstand (m)
421920 x 1080
(16:9)
93 x 52,30,482,75
423840 x 2160 (4K)
(16:9)
93 x 52,30,241,38
861920 x 1080
(16:9)
190 x 1070,995,67
863840 x 2160 (4K)
(16:9)
190 x 1070,492,8

Bei großen LED-Screens findet man üblicherweise den Pixelpitch und kann den Wert in den Kreissegment-Rechner eingeben. Bei Displays werden  manchmal die Pixel pro Inch (ppi) angegeben und wir müssen sie nur noch ins metrische System umrechnen.

Was jetzt hier so wissenschaftlich exakt klingt, ist für die Praxis nur ein Anhaltspunkt. Wie hier anfangs geschrieben hängt die Auflösung des menschlichen Auges noch von individuellen aber auch von äußeren Rahmenfaktoren ab. So spielt auch die Farbwahl eine große Rolle und natürlich hat das Umgebungslicht einen erheblichen Einfluss. Wir wollten hier auch mehr die Zusammenhänge erklären, als eine exakte Anleitung zu bieten. Erfahrene Fachleute sind nicht durch eine einfache Berechnung zu ersetzen.

Max Printzen